Deutsche Pflanzen und der Klimawandel

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Blühende Mandelweide

Die Vegetation in Deutschland befindet sich im Wandel. Wo einst kühle, feuchte Bedingungen das Wachstum heimischer Pflanzenarten bestimmten, breiten sich heute trockenheitsliebende und wärmeresistente Arten aus. Der Klimawandel verändert nicht nur Temperatur- und Niederschlagsmuster, sondern beeinflusst auch Bodenverhältnisse, Mikroklimata und das biologische Gleichgewicht ganzer Regionen. Infolgedessen geraten viele angestammte Pflanzenarten unter Druck, während andere – oft ursprünglich aus fremden Regionen stammend – sich immer wohler fühlen und zunehmend als Teil der mitteleuropäischen Flora wahrgenommen werden. Diese Entwicklung betrifft nicht nur Wildpflanzen, sondern auch Zier- und Nutzpflanzen in Gärten, Parks und Wäldern.

Insbesondere das allmähliche Ansteigen der Durchschnittstemperaturen sowie die zunehmende Trockenheit im Sommer zwingen Landschaftsplaner, Forstwirtschaft und Gartenbau zu einem Umdenken. Welche Arten kommen mit den neuen Bedingungen zurecht? Welche Pflanzen gelten künftig als „heimisch“? Und wie verändert sich dadurch das pflanzliche Gefüge in Städten und ländlichen Regionen? Der folgende Artikel zeigt anhand konkreter Beispiele, wie sich die Pflanzenwelt in Deutschland verändert und welche Arten heute dort gedeihen, wo sie früher kaum überlebensfähig gewesen wären.

Veränderte Standortbedingungen durch den Klimawandel

Der Klimawandel wirkt sich auf vielerlei Weise auf die Umwelt aus, doch bei Pflanzen sind es vor allem drei wesentliche Entwicklungen: steigende Durchschnittstemperaturen, längere Wachstumsphasen und ausgeprägtere Trockenperioden. Diese Veränderungen führen dazu, dass bisher heimische Pflanzenarten zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Flachwurzelnde Gehölze oder feuchteliebende Stauden etwa leiden unter Wassermangel und werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Gleichzeitig eröffnen sich neue Lebensräume für wärmeliebende Arten, die bislang nur in südlicheren Regionen zu finden waren.

Besonders deutlich wird dieser Wandel in städtischen und suburbanen Gebieten, wo versiegelte Flächen, städtische Wärmeinseln und eingeschränkte Wasserversorgung das Klima ohnehin bereits verändert haben. Auch in landwirtschaftlich geprägten Gegenden zeigt sich eine zunehmende Dominanz trockenverträglicher Arten. Die Anpassung an diese neuen Rahmenbedingungen verlangt nicht nur eine geänderte Pflanzenauswahl, sondern führt langfristig auch zu einer Veränderung des pflanzlichen Erscheinungsbildes in der Fläche.

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Thuja – ein ehemals fremder, nun etablierter Gast

Ein besonders anschauliches Beispiel für die Anpassung einer ursprünglich nicht heimischen Pflanze ist die Thuja. Diese Gattung, insbesondere die Sorte thuja occidentalis brabant, stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde in Europa zunächst vor allem als Ziergehölz und Sichtschutzpflanze genutzt. Über Jahrzehnte hinweg galten Thujen in Deutschland als pflegeleichte, aber wenig naturnahe Heckenlösung – widerstandsfähig, immergrün und gut schnittverträglich, jedoch mit begrenztem Nutzen für die heimische Tierwelt.

Mit den klimatischen Veränderungen erlebt die Thuja jedoch eine neue Phase der Anerkennung. Ihre Fähigkeit, mit langen Trockenzeiten, Hitze und nährstoffarmen Böden zurechtzukommen, macht sie zu einer der robusteren Vertreterinnen unter den Garten- und Parkgehölzen. In Regionen, in denen andere Immergrüne wie Eibe oder Kirschlorbeer zunehmend schwächeln, zeigt sich die Thuja als stabiler, langlebiger Bestandsbaum. Besonders in Städten, wo ein dauerhafter Sichtschutz trotz schwieriger Bedingungen gewünscht ist, hat sie sich etabliert – und wird zunehmend als „neue Heimische“ akzeptiert, obwohl sie ihren Ursprung in anderen Klimazonen hat.

Die Mandelweide – eine Rückkehr unter veränderten Bedingungen

Ein weiteres Beispiel für den Wandel in der deutschen Pflanzenwelt ist die Mandelweide (Salix triandra), eine Art, die früher vor allem in wärmeren Flussniederungen und Auwäldern Mitteleuropas anzutreffen war. Durch Flussbegradigungen und die Entwässerung von Feuchtgebieten war sie in vielen Teilen Deutschlands stark zurückgedrängt worden. Doch mit den klimatischen Verschiebungen ergeben sich neue Chancen: Längere Wachstumszeiten und mildere Winter schaffen Rahmenbedingungen, unter denen sich diese Art wieder besser entfalten kann.

Zugleich wird die Mandelweide heute gezielt in naturnahen Projekten eingesetzt, weil sie nicht nur mit den neuen Temperaturen zurechtkommt, sondern auch eine wichtige Nahrungsquelle für Wildbienen und andere Insekten bietet. Ihre Rückkehr zeigt, dass nicht nur eingeführte Pflanzenarten vom Klimawandel profitieren, sondern auch einst heimische Arten, die durch menschliche Eingriffe zurückgedrängt wurden, erneut Fuß fassen können.

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Der Steppen-Salbei – Einwanderer mit Perspektive

Der Steppen-Salbei (Salvia nemorosa) stammt aus den Trockenregionen Osteuropas und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als feste Größe in deutschen Staudenbeeten etabliert. Als widerstandsfähige, trockenheitsresistente und ausdauernde Blühpflanze passt er gut zu den klimatischen Herausforderungen vieler Regionen. Besonders dort, wo lehmige oder sandige Böden vorherrschen und Sommertrockenheit zum Normalfall wird, zeigt sich der Steppen-Salbei als zuverlässiger und ökologisch sinnvoller Bestandteil neuer Pflanzengemeinschaften.

Dank seiner langen Blütezeit und seiner Genügsamkeit gegenüber kargen Standorten findet der Steppen-Salbei zunehmend Verwendung in öffentlichen Grünflächen, in naturnah gestalteten Privatgärten und im Straßenbegleitgrün. Neben seiner optischen Stärke überzeugt er durch seinen Nutzen für bestäubende Insekten – ein zusätzlicher Vorteil in Zeiten, in denen biologische Vielfalt vielerorts schwindet.

Fazit

Die Pflanzenwelt in Deutschland verändert sich – schrittweise, aber unübersehbar. Der Klimawandel bringt neue Herausforderungen mit sich, die bestehende Gleichgewichte auflösen und neue Wachstumsräume entstehen lassen. Wo früher bestimmte Arten dominierten, treten nun trockenresistente, wärmeliebende Pflanzenarten in den Vordergrund. Die Grenzen zwischen einheimisch und zugewandert verschwimmen zusehends, und viele ursprünglich fremde Arten – wie die Thuja occidentalis brabant – haben sich als feste Bestandteile im Landschaftsbild etabliert.

Gleichzeitig entstehen durch diese Verschiebung neue Chancen: für mehr Vielfalt im öffentlichen Grün, für neue Pflanzkonzepte in der Gartengestaltung und für eine breitere Palette an geeigneten Arten im Zuge der Wiederbegrünung geschädigter Flächen. Pflanzen wie die Mandelweide und der Steppen-Salbei zeigen, dass sowohl alte Bekannte als auch neue Vertreter helfen können, die Landschaft zukunftstauglich zu gestalten. Die Flora von morgen entsteht bereits heute – nicht aus dem Nichts, sondern aus dem Zusammenspiel von Veränderung, Anpassung und botanischer Weitsicht.

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